Medizinischer Cannabis: Wirksamkeit und Sicherheit

2025-04-30
Detail-Ansicht von Cannabis-Blättern

Medizinischer Cannabis und cannabisbasierte Arzneimittel (CBMPs) sind eine therapeutische Option in der Behandlung von Patienten mit chronischen neuropathischen Schmerzen, Multipler Sklerose sowie in der Onkologie und Palliativmedizin. So das Ergebnis eines umfangreichen Reviews, für den die Autoren fast 200 Publikationen zur Wirksamkeit in klinischen Studien, Meta-Analysen sowie aus Beobachtungsstudien unter praxisnahen Bedingungen (Real-World-Data) mit mehreren 10.000 Patienten ausgewertet haben.

Wichtige Ergebnisse: 
Chronische Schmerzen: Medizinischer Cannabis zeigt in vielen Studien signifikante Wirksamkeit bei der Linderung chronischer neuropathischer Schmerzen, mit geringerer Evidenz bei tumor-bedingten Schmerzen. Dabei gibt es mehr unterstützende Daten für ∆9-THC-dominierte Produkte, synthetische Produkte (Nabilone), und für Produkte mit einem ausgewogenen ∆9-THC/CBD-Verhältnis (Nabiximole) bzw. inhaliertem Cannabis. Eine gewisse Evidenz zur Schmerzlinderung liegt auch für CBD-reiche Produkte vor, allerdings auf niedrigerem Niveau. Ein Behandlungserfolg wurde von 75% oder mehr der Patienten angegeben, die Schmerzreduktion (VAS-Skala) betrug mehr als 50%. 
Spastizität bei Multipler Sklerose: Bis zu 40 % der Patienten, die Nabiximol einnahmen, berichteten von einer signifikanten Verbesserung der Spastik. Die Verbesserung der Spastik ging auch mit einer Verbesserung der Schmerzintensität einher.

Lebensqualität: Chemotherapie-bedingte Übelkeit oder Erbrechen (CINV), Angstzustände, Depressionen und Schlafstörungen besserten sich unter CBMP-Gabe. Dies zeigen häufig Daten aus Registerstudien (Real-World-Data). Die Lebensqualität der Patienten besserte sich um mehr als 50%. Bis zu 90% der Betroffenen berichteten eine allgemeine Verbesserung ihrer Beschwerden.

Anwendungssicherheit: Die Daten zur Verträglichkeit belegen dem medizinischen Cannabis im Allgemeinen eine gute Verträglichkeit. Die meisten unerwünschten Wirkungen sind nicht schwerwiegend und vorübergehend. Sie werden hauptsächlich mit ∆9-THC in Verbindung gebracht und sind dosisabhängig. Im Gegensatz zum Freizeitkonsum von Cannabis gibt es in klinischen Studien kaum Hinweise darauf, dass medizinischer Cannabis ein Abhängigkeitspotenzial aufweist.

Fazit: CBMPs bieten eine Option für die Behandlung verschiedener Erkrankungen. Die Autoren betonen, dass die für den narrativen Review zusammengestellten Daten eine hohe (phytochemische) Variabilität an Produkten, Rezepturen und Formulierungen, Dosierungen und Verabreichung (v.a. oral und inhalativ) besitzen. Es besteht weiterer Forschungsbedarf, um die langfristigen Auswirkungen und das volle therapeutische Potenzial auch in Bezug auf die optimalen Formulierungen, Dosierungen und Verabreichungswege für bestimmte Indikationen besser zu verstehen.
Die Wirkungen von Cannabis beruhen vor allem auf zwei Cannabinoiden, die unterschiedliche Wirkmechanismen und therapeutische Potenziale haben: Delta-9-Tetrahydrocannabinol (∆9-THC), die primäre psychoaktive Komponente, und Cannabidiol (CBD), das als nicht-berauschend gilt. 

Ihre Wirkung üben Cannabinoide über spezifische Rezeptoren im endogenen, körpereigenen Cannabinoidsystem aus: hauptsächlich dem Cannabinoid-1-Rezeptor (CB1), der bevorzugt im Großteil des Zentralnervensystems und auch im peripheren Nervensystem exprimiert wird, und den Cannabinoid-2-Rezeptor (CB2), der vor allem in Leukozyten und in Immungeweben (z. B. Thymus, Milz und Knochenmark) exprimiert wird. 

∆9-THC wirkt als starker CB1- und schwacher CB2-Agonist mit zahlreichen damit im Zusammenhang stehenden Prozessen, die für die psychoaktiven Wirkungen und mutmaßlich auch anti-nozizeptiven Wirkungen verantwortlich sind. Der Wirkmechanismus von CBD ist komplexer und bisher weniger gut verstanden; CBD ist ein relativ schwacher Agonist von CB1, wirkt an bzw. auf eine breite Palette von Rezeptoren innerhalb des körpereigenen Cannabinoid- und auch des Nervensystems, einschließlich Wirkung auf Serotonin-5HT-1A- und Dopamin-D2-Rezeptoren sowie auf die TRP-Rezeptorfamilie.

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