Kamille

Phytotherapie in der Langzeitpflege: Praxis und Herausforderungen für das Fachpersonal

2025-07-03
Detail-Aufnahme von Kamillen-Blüten

Die Anwendung pflanzlicher Arzneimittel ist in der Langzeitpflege zwar weit verbreitet, jedoch weder in der Ausbildung von Pflegekräften noch in der Pflegepraxis systematisch integriert.

Um eine ganzheitliche und adäquate Versorgung sicherzustellen, die unter anderem die Anpassung von Arzneimitteldosierungen, die Beurteilung von Symptomen und Behandlungsergebnissen umfasst, sind Schulungen und Fortbildungen sowie standardisierte Handlungsempfehlungen eindeutig erforderlich. Auch bei der Dokumentation und dem Informationsaustausch zwischen allen beteiligten Gesundheitsfachkräften, den behandelnden Ärzten und Apothekern besteht Verbesserungsbedarf. Ebenso sollte mehr Forschung zur Wirksamkeit und Sicherheit, der bei den meist älteren Patienten mit Multimedikation eingesetzten Therapien durchgeführt werden. Dies gilt insbesondere hinsichtlich möglicher Interaktionen (in Bezug auf Wirkung und Verträglichkeit) bei der zumeist gegebenen Polypharmazie.

Dies ergab eine systematische Recherche und Analyse von Daten aus mehreren wissenschaftlichen Datenbanken, die von der Autorengruppe der Institute für Public Health und Pflegewissenschaft der Paracelsus Medizinischen Universität Salzburg durchgeführt wurde. Die Fragestellung lautete: Bei welchen Indikationen verordnen, wenden an bzw. empfehlen Angehörige der Gesundheitsberufe pflanzliche Arzneimittel bei älteren Menschen in der Langzeitpflege?

Ergebnisse: Lediglich zwölf der ursprünglich über 400 identifizierten Studien kamen für eine Analyse im Rahmen dieses Reviews infrage. Zwischen den einzelnen Studien bestanden sehr große Unterschiede bezüglich der Fallzahl (weniger als 50 bis über 900 Patienten). Das mittlere Alter der Patienten betrug über 70 Jahre. Die Anwendung bzw. Verordnung der pflanzlichen Arzneimittel erfolgte in den Studien durch Ärzte (n = 3), Krankenschwestern und -pfleger (n = 5), Apotheker (n = 2) oder das medizinische Team (n = 1). In fünf Studien wurden dazu keine exakten Angaben gemacht.

Die Anwendung pflanzlicher Präparate durch Gesundheitsfachkräfte (HCPs) bei älteren Menschen in der Langzeitpflege ist bei kognitiven Dysfunktionen, Atemwegs- und Harnwegsinfektionen sowie bei Schlaflosigkeit aufgrund der Daten aus den verfügbaren publizierten Studien nachvollziehbar belegt. Es gibt drei Studien zu kognitiven Dysfunktionen (Ginkgo biloba-Extrakt, Bockshornklee, Grüntee), zwei Studien zu Atemwegserkrankungen (Knoblauch, eine Phyto-Kombination aus Taiwan) und fünf Studien zu Harnwegsinfektionen (Cranberry) sowie eine Studie zu Schlaflosigkeit (Kamille). 

Oft war die Qualität bzw. die regulatorische Einstufung der Präparate nicht bekannt oder wurde in den Studien nicht erwähnt. Auf die Verträglichkeit wurde nicht weiter eingegangen. Dies war jedoch nicht explizit Gegenstand des Reviews. Die Beteiligung von Ärzten und anderen Fachkräften des Gesundheitswesens bei der Verordnung oder Empfehlung sowie der Verabreichung von Phytopharmaka wurde kaum differenziert betrachtet. In keiner der Studien wurde erörtert, nach welchen Kriterien Gesundheitsfachkräfte pflanzliche Arzneimittel für ältere Menschen in der Langzeitpflege auswählen. Da es zu Wechselwirkungen zwischen der bestehenden Medikation und pflanzlichen Arzneimitteln oder Nahrungsergänzungsmitteln kommen kann, sind die Kenntnisse der Angehörigen der Gesundheitsberufe von entscheidender Bedeutung. Sie sollten in weiteren Studien berücksichtigt werden.
Die Autoren empfehlen eine gezielte weitere Forschung zum Medikamentenmanagement bei pflegebedürftigen Personen, wobei pflanzliche Arzneimittel berücksichtigt werden sollten. Ärzte und weitere Fachkräfte des Gesundheitswesens sollten dabei einbezogen werden.

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